Brueghel – Wiener Irisstrauß, eine botanische Rekonstruktion

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 „Wiener Irisstrauß von Brueghel- Gemälde mit Schnittblumen nachgestellt“ 2016 bis 2017.
Ein wissenschaftliches Projekt von Andreas Fellner

Jan Breughel der Ältere hat in seinem Bild Blumenstrauß in Tonvase, um 1607, auch genannt der „Wiener Irisstrauß“, eine Blütenpracht verewigt, die es in der Realität nicht gibt – da die Blumen über das ganze Jahr verteilt blühen. Im Rahmen des Kunstprojektes mit dem Kunsthistorischen Museum wird Andreas Fellner im ersten Versuchsjahr 2016 der jahreszeitliche Ablauf der verschiedenen natürlichen Blühzeitpunkte der mehr als 43 unterschiedlichen Pflanzen dokumentieren. Zeitgleich wird ein künstliches Antreiben der Einzelpflanzen erprobt. Mit den daraus gewonnenen Daten soll im Folgejahr der Blühzeitraum auf eine Kalenderwoche fixiert werden. Die Erkenntnisse dienen für immer wieder angefragte Rekonstruktionen alter Gemälde mittels echter Blüten. Als Projektpartner sind Saatgutproduzenten und das Kunsthistorische Museum Wien vorgesehen. Der im ersten Jahr langsam „wachsende“ Strauß wird laufend aktualisiert und veröffentlicht.

Das Gemälde von Brueghel wird auf die dargestellten einzelnen Blüten untersucht, diese werden botanisch bestimmt und mit heute erhältlichen Sorten verglichen. Im Wiener Raum werden die natürlichen Blühzeitpunkte dokumentiert und der Standort fotografisch festgehalten. Daraus ergibt sich bereits die erste spannende Frage, wie werden sich die Pflanzen hinsichtlich der 2015/16 eindeutig unüblichen Klimabedingungen verhalten? Frühjahrsblüher benötigen eine gewisse Kältesumme d.h. eine artspezifische Anzahl von Frosttagen bevor sie zu blühen beginnen können. Kommt es heuer zu einem vorzeitigen Blühbeginn, zu einer Verzögerung oder gar zu einem Totalausfall? Die erste Art – der Winterling – hat bereits ca. 2 Wochen vor dem durchschnittlichen Zeitpunkt geblüht! Im Gewächshaus werden, parallel zur Natur, die Pflanzen durch stark veränderte, simulierte Jahreszeiten zum Blühen gebracht. Diese Daten der gärtnerischen Kulturführung wie Tag/Nacht-Temperatur, Ruhezeiten, Wärme und Kältebehandlung, Lagerung der ruhenden Knollen, künstliches Licht etc. werden ermittelt und dienen als Grundlage für einen künstlich erzielten, wochengenauen Blühzeitpunkt aller 43 Einzelarten. In freier Natur blühen die Pflanzen je nach Art zwischen Jänner und Oktober.

Das Gemälde des Blumenstraußes entwickelt sich langsam Monat für Monat aus Blüten, die aus der Natur gepflückt werden und gemäß des Originalbildes platziert werden. Alle Fotos übereinander projiziert ergeben die Rekonstruktion bestehend aus echten Blüten. Der laufende Fortschritt wird über die Webseite(n) publiziert. Zusätzlich werden die Blüten einzeln beschrieben (botanischer und deutscher Name, Vorkommen, botanische Texte, Fotos etc.). Um von Beginn des Projektes Abbildungen der noch nicht erblühten Pflanzen vorzeigen zu können, werden alte Zeichnungen/ Stiche (in Zusammenarbeit mit Claudia Gröschel von der Österreichischen Gartenbau Gesellschaft) auf der Webseite veröffentlicht und nach und nach mit den Naturfotos ergänzt. Voraussichtlich ab Ende Oktober 2016 ist diese künstliche Installation vollendet und es kann das Gemälde (online) mit der Fotoinstallation verglichen werden.

Der Fortschritt des Projektes kann auf der Webseite www.khm.at/blumenstrauss verfolgt werden. Einfach im rechten oberen Eck auf das Blumen-Menü klicken.

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